Notizen zur Ironie
Ironie beginnt subjektiv wohl aus dem Gefühl heraus, nicht ernst genommen zu werden. Dabei bietet sie den friedlichen Ausweg aus diesem unliebsamen Gefühl, bleibt jedoch in Nachbarschaft mit dem destruktiveren Alternativpfad, dem Cynismus. (Die beiden Nachbarn pflegen ein gutes Verhältnis und besuchen sich hin und wieder, halten auch allmorgentlich ein Pläuschchen am Gatter.)
Später wird dies so wahrgenommen: Die ironische Weltbetrachtung nimmt zur Voraussetzung, dass man sich selbst nicht ernst nimmt, d.h. baut damit auf die entweder missgünstige oder wohlwollende, jedenfalls berechnete Rezeption durch andere. Wird man plötzlich von jemandem ernst genommen, ist man als Ironischer ganz verdattert, und überholt sich dabei, etwa die eigenen geäußerten Probleme als “halb so wild” zu verharmlosen, oder die geäußerte Kritik als “nicht so gemeint, im Scherz gesagt” zu relativieren. All das, um weiter ungestört nicht ernst genommen zu werden, um sich selbst nicht ernst nehmen zu müssen.
Dabei bietet die Ironie auch die wunderbare Möglichkeit, etwas Ernstgemeintes zu äußern, was man sonst verschwiegen hätte, gleichsam unter Vorbehalt.
Romantische Ironie ist deswegen so konsequent, weil Ironie ein Lieben und Geliebtwerden ebenso verunmöglicht wie die Romantik überhaupt die gelebte Liebe verunmöglichen will (sie ersetzt sie durch Annhimmelung, Sehnsucht, Zehren, Aufopferung, Konkurrenzkampf etc. macht sie unerreichbar, unlebbar, verfrachtet sie in ein emotionales Jenseits).
von JFMS