Folge 38: Wir Flüchtlinge
Macht man sich von einem Staat zum nächsten auf, begibt man sich leider in mehrerlei Hinsicht in gefährliche Gewässer. © by Ggia.
Der nackte Mensch zwischen den Staaten
Hannah Arendts Essay “Wir Flüchtlinge” aus dem Kriegsjahr 1943 entdecken wir als einen normativen Leitfaden für die äußerst aktuelle Frage nach dem Status von und dem Umgang mit Geflüchteten neu. Wir empfinden die innere, geistige Erfahrung des Flüchtlings anhand von Arendts einfühlsamen Beschreibungen Vertriebener und Geächteter nach, und fragen im Rahmen klassischer Staatstheorien nach Genese und Sinn der Nationalstaaten im 20. Jahrhundert. Auch das weltweit zu beobachtende Phänomen einer Rekonsolidierung nationalistischer Kollektivierungsprogramme lassen wir nicht unkommentiert. Der Flüchtling erweist sich bei alldem als Universalfigur für den im Ringen der Staaten zwangsläufig marginalisierten und potenziell entrechteten Menschen. Die Absurdität der bis heute gültigen Tatsache, dass nur ein Staat substanziell das Recht gewährt, Rechte haben zu dürfen - und das obwohl es den Staat in gewissem Sinne nicht gibt - kommt auch im Hörspiel zum Tragen. Ebenso das auch in Diskursen hierzulande wieder erstarkende Faktum, dass der Staat trotz seiner unterstellten Fiktionalität über seine Bürger einiges an sehr realer Verfügungsgewalt innehat. Während Jakob Arendts wertvolle Analysen in der Erfassung und Kritik der gegenwärtigen politische Lage zur Anwendung bringt, wirft Bruno neueste Anekdoten aus seinem selbstgegründeten Trottelverein ein. Zuletzt vergeben wir ab sofort den Martin-Kippenberger-Forscherpreis für paranormale und außenakademische Forschungsleistungen.