Folge XIII: Vereinzelung im Kollektiv
Mit Karl Jaspers gegen die Gesellschaft
Leistungs- und Steigerungslogik, soziale Rollen, Technisierung und technische Befriedigung unserer Bedürfnisse nach echter Gemeinschaft - alles unausweichlich, weil anthropologisch bedingt? Wir meinen dann doch: nein. In unserer Kurzfolge beschäftigen uns weiter die Grenzen der Grenzschrift. Die Diagnose heute: Gesellschaft kann schief gehen. Jedes Kollektiv, ob Gemeinschaft oder Gesellschaft, ist auf Beziehungen angewiesen. Je flacher, schneller und zweckmäßiger diese Beziehungen werden, desto mehr Mobilität hat zwar eine Gesellschaft, desto entfremdender wirkt jedoch das Kollektiv auf den Einzelnen. Denn wie laut Plessner so auch laut Karl Jaspers wird meist eines vergessen: Die Beschaffenheit der menschlichen Psyche, welche Schutz und Distanz vor dem Kollektiv braucht (Plessner), welche aber auch existenziell in ihren Bedürfnissen auf direkte, unvermittelte Versorgung durch das Kollektiv angewiesen ist (Jaspers). Es genügt also nicht, wenn der moderne, spätmoderne, liberale, neoliberale Mensch Erwachsensein und Reife definiert als sein Maß der Ungebundenheit, der sozialen Mobilität und Flexibilität. Gelten allein diese Werte, dann leiden wir unter einem Radikalismus von Gesellschaft.